
Heute regnet es. Nicht stark und es ist warm – aber es regnet.
Als Hundebesitzerin muss ich in der Früh trotzdem raus. Wobei ich hier nicht von „müssen“ sprechen kann, denn ich genieße an den meisten Tagen die kurze morgendliche Runde an der frischen Luft.
Gummistiefel und Regenjacke an und schon kann es gut geschützt losgehen.
Im Wald stelle ich fest, dass es nicht mehr regnet. Das stimmt nicht, es regnet schon noch, aber HIER nicht. Der sanfte Regen wird von dem grünen Blätterdach über mir aufgehalten. Er dringt kaum zu mir nach unten, auf dem weichen Waldboden, vor. Ich schlage die Kapuze meiner Regenjacke nach hinten und atme tief durch.
Und dann habe ich diesen Gedanken: „Draußen regnet es, aber hier drinnen, im Wald, nicht. Ich fühle mich ruhig und beschützt. Das können wir im Alltag auch brauchen, einen Ort, an dem wir uns geschützt fühlen.“
Aus dieser Erfahrung von heute möchte ich dir 2 Tipps mitgeben:
- Suche in der Natur nach Metaphern für dein Leben. Mir passiert es oft, wenn ich spazieren gehe, dass ich Parallelen zwischen der Natur und meinen aktuellen Erlebnissen erkenne und daraus neue Ideen entwickle. Das ist sehr bereichernd und inspirierend für mich. Probier es doch auch einmal aus.
- Suche dir ganz bewusst Orte der Ruhe und Stille, wenn der Sturm des Alltags zu viel wird. Begib dich an einen geschützten Ort und sammle neue Kraft. Pausen sind wichtig und Voraussetzung dafür, dass du Herausforderungen mit neuer Energie und Widerstandskraft meistern kannst.
Einige Ideen für geschützte Orte:
Wald
Mein Lieblingsort, wenn ich Abstand brauche und meine Gedanken beruhigen will, ist der Wald. Die gesundheitsfördernde Wirkung des Waldes ist wissenschaftlich nachgewiesen und es ist tatsächlich so: Kaum trete ich zwischen die hohen Bäume, fühle ich mich beruhigt und beschützt. Die Sorgen fallen ab und oft tauchen sogar neue Ideen und Lösungen auf. Der Wald hat eine heilende Wirkung auf Geist und Gesundheit und diese wirkt je nach Aufenthaltsdauer sogar noch einige Stunden oder Tage nach.
Garten
Ähnlich geht es mir im Garten. Es reicht oft eine kleine Runde, bei der ich nach jeder meiner Blumen und Sträucher schaue und schon geht es mir besser. Wenn ich mehr Zeit habe, widme ich mich der Gartenarbeit. Die körperliche Arbeit und der direkte Kontakt mit der Natur und den Elementen erdet ungemein und die Sorgen des Alltags treten in den Hintergrund.
Spaziergang
Nicht immer oder für jeden sind Wald oder Garten verfügbar. Das muss es auch gar nicht sein. Wenn der Alltag zu viel wird, ist es wichtig, sich einfach kurz auszuklinken, egal wo. Gut geeignet ist ein Spaziergang – egal, ob im Wald, am Feld oder in der Stadt. Bewegung und frische Luft tun gut und können deine Gedanken in eine neue Richtung lenken. Abstand gewinnen und Perspektivenwechsel sind hilfreich.
Ruhiger Raum
Wenn es Zeit oder Möglichkeiten nicht zulassen, dass du rausgehst, dann such dir einen ruhigen Raum oder einen ruhigen Platz an dem du dir Raum für dich nehmen kannst. Es sollte ein Ort sein, an dem dich möglichst wenig ablenkt und an dem du für eine gewisse Zeit für dich alleine bist. Du kannst nun zur Ruhe kommen und bei dir selbst ankommen. Du wirst sehen, dass du danach gestärkt und entspannter in deinen Alltag zurückkehrst.
Für Kinder
Auch für Kinder ist es sehr wichtig, dass sie Rückzugsmöglichkeiten haben. Ich spreche hier sowohl als Lehrerin und für das Klassenzimmer, aber auch für zuhause. Ebenso wie wir Erwachsene brauchen auch Kinder ab und zu Abstand. Genau wie wir, brauchen sie Zeit, um Gefühle und Erlebnisse zu verarbeiten und auch, um sich selbst auszuprobieren und eigene Erfahrungen zu machen. Schaffen wir Rückzugsräume und vor allem, lassen wir es zu, dass sich ein Kind zurückzieht. In der Klasse oder auch zuhause kann das eine geschützte Ecke sein, ein eigenes Zimmer oder die Möglichkeit, dass das Kind in einem abgesprochenen Rahmen alleine hinaus geht.
Im Job
Als Lehrerin spreche ich hier speziell für den Lehrberuf, aber natürlich sind die Ideen auch in anderen Jobs umsetzbar. Gerade als Lehrkraft und besonders in der Volksschule ist es so, dass es kaum Möglichkeiten gibt, sich ein paar Momente aus dem Geschehen rauszunehmen. 100% unserer Aufmerksamkeit gehört den Kindern und das oft 5 oder mehr Stunden am Stück. In dieser Zeit gibt es als Lehrkraft keine Pausen (denn auch in der Pause haben wir Aufsichtspflicht), kein Kaffee holen, kein kurzes Besuchen der Kollegin im Nebenzimmer und eigentlich dürften wir nicht einmal aufs WC gehen. Ich habe jedoch gelernt, mir kurze Auszeiten, trotz 100%iger Präsenz zu gönnen. Mein geschützter Ort ist mein Schreibtisch. Dieser kleine „Raum“ gehört mir und ist so gestaltet, dass ich mich hier wohlfühle. Hier gelten meine Regeln. In der Pause trinke ich meinen Kaffee, da fährt die Eisenbahn drüber. (Die Kaffeemaschine steht in der Klasse.) Und wenn es ein ganz stressiger Tag ist, trinke ich auch NUR Kaffee, genieße ihn und organisiere nichts nebenbei. (Single-Tasking) Wenn ich doch einmal das WC aufsuche, gehören diese wenigen Minuten der Ruhe mir und ich atme tief durch. Generell ist mein Klassenraum ein Raum, in dem ich mich und die Kinder sich wohlfühlen. Ich betrete ihn jeden Tag gerne und fühle mich hier geborgen. Es lassen sich also auch in einem stressigen Beruf oder einem Job mit strikten Regeln, kleine geschützte Räume finden oder einrichten. Das ist wichtig und trägt zu einer guten Work-Life-Balance bei.
Wo ist dein geschützter Raum? Wann, wo und wie ziehst du dich zurück?
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Susanne (Sonntag, 13 September 2020 21:04)
Wenn ich mich abends ins Bett lege, fühle ich mich auch geschützt und geborgen. Ein für mich wertvoller Ort.